Eine Mentorin und ihr Mentee gehen gemeinsam und diskutieren. Eine Mentorin und ihr Mentee gehen gemeinsam und diskutieren. Eine Mentorin und ihr Mentee gehen gemeinsam und diskutieren.

Für die künftigen Chefinnen

Publiziert
Mai 2023
Themen
Fokus 01/2023 Success-Story

Von den Erfahrungen anderer profitieren: Ein Mentoringprogramm bestärkt junge Schwyzer Frauen in ihren Karrieren.

 

Im Kanton Schwyz sind nur 28,2 Prozent der Führungspositionen in Frauenhand. In Verwaltungsräten kommt nicht einmal eine Frau auf vier Männer – hier liegt die Quote bei 22,1 Prozent. Und im Kantonsrat politisieren im Jahr 2023 gerade einmal 12 Frauen neben 100 Männern.

Warum dieses Verhältnis, trotz vieler Bemühungen, nicht ausgeglichener ist, lässt sich nicht so einfach erklären. Fakt ist: Sind Kinder im Spiel, schwenken immer noch mit grosser Mehrheit die Mütter auf Teilzeitmodelle um, während die Väter an ihrem Pensum festhalten. Über die Folgen dieser Rollenverteilung wird viel diskutiert: Eine magere Vorsorge mündet in Altersarmut bei Seniorinnen, qualifizierte Frauen verkaufen sich auf dem Arbeitsmarkt unter Wert. Die Beispiele sind zahlreich und die Biografien vielfältig. Aus den vielen bestens ausgebildeten, motivierten Mädchen, welche die Jungs im Gymnasium oder in der Lehre noch links liegen liessen, werden oftmals putzende, kochende, Windeln wechselnde Erzieherinnen. Während die Mütter in ihren multiplen Rollen zu funktionieren versuchen, klettern ihre ehemaligen Mitschüler scheinbar mühelos die Karriereleiter hoch.

 

45 Tandems sind im Herbst gestartet

Statt noch lange über die Gründe für dieses Missverhältnis zu reden, hat sich ein Kreis initiativer (und notabene erfolgreicher) Frauen entschieden, aktiv zu werden. Und zwar dort, wo das Potenzial am grössten ist: bei der Generation künftiger Führungskräfte. Junge Berufseinsteigerinnen sollen von erfahrenen Mentorinnen und Mentoren profitieren, Fragen stellen, sich austauschen dürfen. Wie erreiche ich meine Karriereziele? Welches Studium passt zu mir? Welche Argumente ziehen bei einer Lohnverhandlung? Die Themen bestimmen die 45 Tandems untereinander selbst, wobei vor allem die Mentees die Schwerpunkte setzen.

Programmleiterin Claudia Hiestand erklärt, welche Motivation hinter dem Schwyzer Mentoring steckt: «Wir möchten junge Frauen ermutigen, sich beruflich gut zu positionieren, und ihnen aufzeigen, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gelingen kann. Auf der anderen Seite sehen wir das Programm als Chance für Schwyzer Unternehmen, ihren Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen.» Ein Talentpool aus über vierzig engagierten und ambitionierten jungen Frauen – keine schlechte Ausgangslage, um das Thema Gender Diversity firmenintern voranzutreiben. Claudia Hiestand sagt auch: «Wir unterstützen die Unternehmen gern, passende Matches zu finden.»

Nahaufnahme der Mentorin und ihrer Mentee

Mentorin Andrea Bruhin und Mentee Merve Tokgöz tauschen sich regelmässig aus.

Persönliche Schwerpunkte berücksichtigt

Claudia Hiestand ist sehr zufrieden, wie das Programm angelaufen ist: «Es haben sich über siebzig qualifizierte Mentorinnen und Mentoren bei uns gemeldet, sodass wir beim Bilden der Tandems gut auf die Interessen der Mentees eingehen konnten. Ich denke, das ist eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen des Projekts.» Bei den Mentees brauchte es mehr Überzeugungsarbeit, um sie zum Mitmachen zu bewegen. «Das anfängliche Zögern mancher Teilnehmerinnen werten wir als Zeichen, dass wir mit dem Schwyzer Mentoring auf der richtigen Schiene sind», sagt die Programmleiterin. «Wir hoffen natürlich, dass die Mentees ihre positiven Erfahrungen nun auch unter Gleichaltrigen weitererzählen und so die Werbetrommel für weitere Zyklen rühren.» Spezielle Voraussetzungen brauchen sie nämlich nicht.

 

Lohn, Auftreten und Karriere beschäftigen Mentees

An der Auftaktveranstaltung im vergangenen Herbst hat das Projektteam den Berufseinsteigerinnen auf den Zahn gefühlt. «Die Topthemen für die aktuellen Mentees sind Lohnverhandlungen, Auftrittskompetenz und Karriereplanung», sagt Claudia Hiestand. Zu jedem Thema wird im Verlauf des Programms jeweils ein virtuelles Inputreferat mit anschliessender Fragerunde organisiert. Parallel dazu möchte die Kerngruppe den Mentees weitere Aspekte eines erfolgreichen Berufslebens mit auf den Weg geben. Hierzu zählt beispielsweise gezieltes Netzwerken, das natürlich mit dem Programm selbst schon gefördert wird. Aber auch Überlegungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Themen rund um die berufliche Vorsorge fliessen in das Programm ein.

Und was verspricht sich die Programmleitung vom Mentoring? «Die Gleichstellung der Geschlechter in der Arbeitswelt ist überfällig», sagt Claudia Hiestand, «wir wollen einen Beitrag leisten, damit ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet – und Mütter bald mit derselben Selbstverständlichkeit im Berufsleben bleiben wie Väter.»

 

Diese Frauen stecken hinter dem Mentoring

Für das Schwyzer Mentoringprogramm zeichnet ein reines Frauenteam verantwortlich. Die Köpfe, die dahinterstecken, sind in der Schwyzer Öffentlichkeit nicht unbekannt: Mit an Bord sind unter anderem Susanne Thellung, CEO der Schwyzer Kantonalbank, Franziska Föllmi, Direktorin des Spitals Schwyz, Rita Lüönd, Präsidentin der KMU Frauen Schwyz, Irene Thalmann, Geschäftsführerin des Chindernetz Kanton Schwyz, sowie weitere führende Frauen aus der Schwyzer Wirtschaft.

 

Vom Talentmanager bis zur Ärztin

Für den ersten Zyklus des Schwyzer Mentoringprogramms haben sich 79 Mentorinnen und Mentoren zur Verfügung gestellt. Sie haben Erfahrung und Knowhow in ganz unterschiedlichen Bereichen: Wirtschaft und Recht sind genauso vertreten wie die Naturwissenschaften. Dazu kommen Berufsfelder aus dem Schul- und Gesundheitswesen und viele mehr. Viele von ihnen haben das Unternehmertum im Blut und bereits eigene Firmen gegründet. Unter den Personen, die sich für ein Mentoring zur Verfügung stellen, sind auch mehrere Vertreter der Schwyzer Kantonalbank.

 

Viele Mentees machten eine Lehre

Die meisten der 45 Mentees haben eine Berufslehre absolviert. Auch hier ist die Palette breit und reicht von Gesundheitsberufen über Marketing, Gestaltung und kaufmännische Tätigkeiten bis hin zur Hotelfachfrau. Einige von ihnen absolvieren zurzeit ein Studium. Internationale Beziehungen interessieren da genauso wie Umwelt- oder Wirtschaftswissenschaften, andere bilden sich zur Lehrperson oder im Finanzwesen aus und weiter.