Eingesetzt im Vorsorgeauftrag – was nun?

Autor
Dr. jur. Claudine Cavegn
Dr. jur. Claudine Cavegn
Leiterin Erbschaftsberatung
Publiziert
Mai 2025
Themen
Erbschaftsberatung Nachlass

Mit einem Vorsorgeauftrag legt eine Person im Voraus fest, wer sie im Falle einer Urteilsunfähigkeit – z.B. durch Krankheit oder Unfall – vertreten soll. Während die Erstellung des Auftrags in der Regel schnell geht, kann die Ausführung jahrelang dauern und anspruchsvoll sein. Nicht immer ist sich die beauftragte Person der Tragweite ihres Mandats bewusst. Erfahren Sie, welche Rechte und Pflichten mit der Annahme eines Vorsorgeauftragsmandats verbunden sind und wie Sie mögliche Stolpersteine umgehen.


Ihre Rechte und Pflichten: Was Sie wissen sollten

Wer Sie in einem Vorsorgeauftrag als beauftragte Person einsetzt, schenkt Ihnen im hohen Masse Vertrauen. Denn Sie vertreten eine urteilsunfähige Person, welche die Kontrolle an Sie abgegeben hat. Bevor Sie die Aufgabe übernehmen, sollten Sie Ihre Rechte und Pflichten kennen.

Sorgfältig und persönlich ausführen

Die vorsorgebeauftragte Person muss im Interesse der urteilsunfähigen Person handeln und den Auftrag sorgfältig und persönlich ausführen. Sie kann und soll jedoch Drittpersonen herbeiziehen, wenn ein bestimmtes Geschäft besondere Fachkenntnisse erfordert, über die sie selbst nicht verfügt.

Rechenschaft ablegen können

Als beauftragte Person werden Sie grundsätzlich nicht von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) kontrolliert und müssen dieser auch nicht Bericht erstatten. Dies im Gegensatz zu einem amtlich eingesetzten Beistand. Dennoch müssen Sie jederzeit Rechenschaft über Ihre Arbeit ablegen können, namentlich auch gegenüber den Erben der urteilsunfähigen Person.

Honorar und Spesen

Die auftraggebende Person kann im Vorsorgeauftrag die Entschädigung für Ihre Arbeit festlegen (zum Beispiel Stundenansatz oder Jahrespauschale). Sie kann aber auch vorsehen, dass der Vorsorgeauftrag unentgeltlich auszuführen ist. Wird im Vorsorgeauftrag die Entschädigung nicht geregelt, können Sie bei der KESB die Festlegung einer angemessenen Entschädigung beantragen. In jedem Fall haben Sie Anspruch auf Ersatz der Spesen (Weg- und Portospesen, Barauslagen etc.).

Annehmen und ablehnen

Sie können frei entscheiden, ob Sie den Vorsorgeauftrag ausführen möchten oder nicht. Dies gilt auch dann, wenn Sie zu einem früheren Zeitpunkt gegenüber der auftraggebenden Person erklärt haben, das Mandat dereinst zu übernehmen. Nach Annahme des Mandates können Sie dieses grundsätzlich (nur noch) mit einer Frist von zwei Monaten kündigen.

Legitimationsurkunde erforderlich

Nachdem die Urteilsunfähigkeit der auftraggebenden Person eingetreten ist, muss der Vorsorgeauftrag von der KESB in Kraft gesetzt werden (sog. Validierung). Die KESB prüft unter anderem, ob der Vorsorgeauftrag gültig erstellt worden ist und im Original vorliegt. Zudem prüft sie, ob Sie geeignet sind, den Auftrag zu übernehmen. Gründe, die dagegensprechen könnten, wären etwa Ihre eigene Urteilsunfähigkeit, ein schlechter Leumund (zum Beispiel Eintrag im Strafregister wegen Betruges) oder unter Umständen auch familiäre Konflikte sowie gesundheitliche Probleme.

Sind die Voraussetzungen erfüllt und nehmen Sie das Mandat an, stellt Ihnen die Behörde eine Legitimationsurkunde aus. Mit dieser können Sie die urteilsunfähige Person rechtsgültig gegenüber Dritten vertreten.

Dr. jur. Claudine Cavegn, Leiterin Erbschaftsberatung
Kompakt erklärt: Der Vorsorgeauftrag
«Im Vorsorgeauftrag bestimmen Sie, wer bei Urteilsunfähigkeit Ihre Vertretung wahrnimmt. Der Auftrag muss handschriftlich errichtet oder öffentlich beur­kundet werden.»
Dr. jur. Claudine Cavegn, Leiterin Erbschaftsberatung

Das Mandat im Griff: Stolpersteine umgehen

Als vorsorgebeauftragte Person erfüllen Sie eine anspruchsvolle Vertrauensaufgabe. Wichtig ist, dass Sie sich möglicher Stolpersteine bewusst sind und bei Bedarf die nötigen Massnahmen ergreifen.

Interessenkonflikte

Haben Sie in einer Angelegenheit Interessen, die den Interessen der urteilsunfähigen Person widerspre- chen, müssen Sie die KESB benachrichtigen. So dürfen Sie zum Beispiel nicht mit sich selbst Verträge ab- schliessen (etwa das Haus der auftraggebenden Person selbst kaufen) oder Ihre urteilsunfähige Mutter in der Erbteilung Ihres Vaters vertreten. In der Regel entfällt Ihr Vertretungsrecht bei Interessenkollision. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die auftraggebende Person diese bewusst in Kauf genommen hat, was im Einzelfall beurteilt werden muss.

Besondere Geschäfte/unklare Anordnungen

Für Geschäfte wie die Veräusserung oder Belastung von Grundstücken braucht es eine Sonderermäch- tigung im Vorsorgeauftrag. Liegt diese nicht vor oder sind Sie unsicher, ob Sie ein Geschäft ausführen dürfen und wie der Vorsorgeauftrag zu verstehen ist, müssen Sie sich an die KESB wenden.

Unsorgfältige Ausführung

Führen Sie den Auftrag unsorgfältig aus, können Sie dafür haftbar gemacht werden. Zum Beispiel, wenn Sie es unterlassen, Ergänzungsleistungen zu beantragen, das Vermögen zu riskant anlegen oder die nötigen Fachpersonen nicht beiziehen. Dieses Risiko ist regelmässig nicht von den gängigen Privathaftpflichtversicherungen mitversichert. Es muss – sofern möglich – extra versichert werden.

Handeln nach dem Tod der urteilsunfähigen Person

Stirbt die urteilsunfähige Person, wird der Vorsorgeauftrag unwirksam. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Sie nicht mehr für die betroffene Person handeln.

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